Mittwoch, 26. September 2012

Im "Lichtkleid" in Ahrenshoop

Der Kultusminister der DDR, Johannes R.Becher, war gern im Schriftstellerheim in Ahrenshoop. Doch im Sinne der moralischen Strenge der DDR kämpfte er dort mit dem Nudismus, der an die Stelle der Kleidung das "Lichtkleid" setzt.

Eine Anekdote erzählt dazu:
Eines Tages, als er wieder einmal am Strand entlang ging, lag vor ihm eine Frau im Weg, nackt, etwas knochig, nicht mehr ganz jung, ohne Gesicht, denn das war mit einem Doppelblatt des "Neuen Deutschland" zugedeckt. "Schämen Sie sich nicht, Sie alte Sau", sagte Becher. Die Frau nahm die Zeitung vom Gesicht; es war Anna Seghers.
Ein paar Monate später stand die Seghers auf der Bühne. Becher, in der Würde seines Amtes, wollte ihr den Nationalpreis erster Klasse an die Brust heften und streckte ihr die Hand entgegen. "Liebe Anna", sagte er, "darf ich dir.."aber da fiel ihm die Seghers ins Wort, so laut, dass die Genossen auf den Plüschsesseln in den ersten fünf Reihen es auch hörten:"Für dich, Hans, immer noch die alte Sau." (nach Ursula Hohmann: Wer war Anna Segehrs?)
Den Hinweis auf den in dieser Darstellung sich spiegelnden Stolz der DDR-Bürger, die nach langem Kampf die Duldung der Freikörperkultur gegen die SED durchgesetzt hatten, verdanke ich Thea Dorn in "Die deutsche Seele".

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