Donnerstag, 21. Februar 2013

Wie sollen wissenschaftliche Arbeiten gefiltert werden, damit es nicht zur Informationsüberflutung kommt?

Muss ich das lesen? Wissenschaftliche Texte mit Ablaufdatum:
Videomittschnitt von Prof. Dr. Valentin Groebners Vortrag auf der Konferenz "Rezensieren - Kommentieren - Bloggen: Wie kommunizieren Geisteswissenschaftler in der digitalen Zukunft?" (#rkb13)

Mein Text hier versucht eine Vorinformation, die helfen kann, zu prognostizieren, ob das Video weitere nützliche Informationen für einen enthält. In spitzen Klammern meine Kommentare.

[Beispiele für Problembewusstsein: 1920, Enzensberger, Roland Bahr]
Quantifizierungsoptimismus. Wurzelngehen auf 1870 zurück.

Versprechung: Gemeinsamkeit der Arbeit macht Mühen der Arbeit unnötig.
Groebner: "Erlösungsversprechen seit 1996", "Ankündigung ist die Botschaft"
Kriterien für wissenschaftlich: neu, nachprüfbar, zuzuordnen an den "richtigen Platz" (so dass man damit weiter arbeiten kann)
Schon früher:  Humanisten versandten Briefe an Mitwissenschaftler und Mäzene (man konnte sich unsterblich blamieren), später wissenschaftl. Zeitschriften,
Wissenschaft braucht schnellen Austausch und guten Speicher (Internet entstand aus der Übernahme eines militär. Instruments für wissenschaftl. Zwecke)
Dauernder Druck der Erneuerung ist wissenschaftstypisch. Aber Wissenschaftsorganisation ist in Disziplinen aufgeteilt und hierarchisch. Fachsprache: Schutz vor neuem Wissen. double bind für junge Wissenschaftler: Das Neue muss in der alten Fachsprache vorgetragen werden. Um gehört zu werden, muss man unverschämt und witzig sein. Es gibt zu viele Texte, das freiwillige Publikum fehlt. Nur Produzenten hören zu.
Informations/Wissensexplosion mit den Reaktionen darauf. Schon seit über 100 Jahren.
Gesucht: Informationen 2. Ordnung. Knapp ist nicht Speicherplatz, sondern Lesezeit <und Verarbeitungszeit -Ff>
Netz Traum von Erlösung durch Beschleunigung; die anderen sollen hinter einem zurückgeblieben sein.
Groebner: recensio.net Kommentare sind Mangelware
Peter Haber: Internet wird Papier ersetzen, darauf muss man sich vorbereiten

Wir arbeiten, um den Content zu schaffen, den die Anbieter haben wollen.
Netz: Konglomerat wirtschaftl. Interessen - billige Elektrizität dafür nötig. Serverparks zu ignorieren ist bestenfalls naiv, oder etwas "anderes".
Neues [in mittelalterl. Geschichte] stets erst in Zeitschrift, erst später im Netz.
Netz super für erste Entwürfe. Abgeschlossenes geht im Netz unter.
Wer rasch Infos haben will, sucht Resultate. Man hört nach 10 Zeilen auf zu lesen.
Im Netz setzt sich Informationsfilterung durch.
Kontrollfragen:
1. Wer bin ich? Für wen schreibe ich? Verwendbarkeit.
2. Hilft mein Text bei der Verdichtung von Information? Ästhetische Formen erzwingen Verdichtung. Reduktion auf "durchschlagskräftige Rätsel".
Gute Zeitschriften wirken als Filter. Sammelbände nicht.
"Bücher sind Resultat" <Sammelband als Gegenbeispiel>
Gedruckte Infospeicher stabilisiert durch Gedrucktes.

Buchempfehlung:
Luhan: Buch auf S.69 lesen gibt kurze Information über das ganze Buch
Die Buchtitel nennt Groebner nicht, sondern lässt sie an die Wand werfen.

Diskussion auf der Tagung:
"Nachwuchswissenschaftler: Werden neue Formen des Publizierens Rezensionen überflüssig machen oder (nur) ihre Gestalt verändern?"
mit
Prof. Dr. Valentin Groebner
Dr. Oliver Hülden (LMU München)
Dr. Anne Lipp (DFG)
Prof. Dr. Winfried Schulze (Stiftung Mercator, Universität Paderborn)
Dr. Thorsten Thiel (Exzellenzcluster "Normative Ordnungen/theorieblog.de) http://www.theorieblog.de/
Moderation: Thierry Chervel (perlentaucher.de)

Thiel: Naivität der Nachwuchswissenschaftler gibt es gar nicht. Aber es gibt stärkere Kommunikation zwischen ihnen und auch international.
Studenten nehmen das auch in den freien Formaten besser wahr.
Hülden: Klassischer Archäologe mit Facebookseite für seine Inhalte, sonst nur in wissenschaftl. Publikationen alten Stils, Frage an Thiel nach Adressaten
Thiel: Öffentlichkeit ansprechen, Zugriffszahlen (ca. 1400 Studenten über Facebook) Kein Versuch, wissenschaftl. Reputation zu erlangen.
Chervel: meist Publikationen doch zuerst digitalisiert
Lipp: Netz ist die Weiterentwicklung der Gelehrtenpublikation, ob wir uns das wünschen oder nicht.
Groebner hat wohl aus dramaturgischen Gründen nur die Kritik am Netz formuliert.
Frage: Welche Zwecke erfüllen bisherige Traditionen? - Innovationspotential des Denkens wird behindert
Schulze: Diskussion über Informationsüberflutung gab es schon im Humanismus. Vor 10 Jahren Akademiker geschockt von Kindle. Jetzt ist er da. Gegenwärtig geht universitypress tendenziell pleite.
Groebner: Gegensatz gedruckt gegen nicht gedruckt ist schief. Wichtig ist: offen, stets veränderbar gegen abgeschlossene Infos, auf die man sich beziehen kann, Verwendbarkeit.
Man sollte nicht auf eigene Entscheidungen verzichten, auf seine Verantwortung
Lipp: Mit anderen technischen Möglichkeiten kann man neue Methoden anwenden, man gibt keine Verantwortung auf. - Auch Bücher leben eine Zeit lang weiter im Diskurs, dann nicht mehr.
Groebner hat ihr zu sehr polarisiert.
Schulze: Manche Naturwissenschaftler produzieren nur fürs Netz, durchaus auch, weil Ergebnisse immer schneller überholt werden.
Hülden: Im angelsächs. Raum gibt es viel Wissenschaftskommunikation im Netz. - Als Archäöloge: Wer nimmt die Quellen wahr?
Thiel: Man lernt schneller Diskussionsstand.
Hülden: Studenten werden dadurch oberflächlicher.
Groebner: Netz zu unübersichtlich
Chervel: Wikipedia stellt aktuellen Stand dar mit (in den Versionen) dem Verlauf, wie es zu dem Stand kam.
Publikum: Internet kann ein sehr guter Filter werden (wohl indirekt auf Wikipedia anspielend), man müsste herausfinden wie.
Publikum: Gerade Archäologen könnten Zwischenergebnisse ihrer Grabungen schneller publizieren, also die Quellen.
Publikum: Abstract als das wirkliche Resultat. Das steht im Netz.
Thiel: Blog gar nicht so neu, sondern ein Konglomerat von Verschiedenem.
Groebner: Abstract versucht Metadaten bereitzustellen. Wie weit kann das im Netz verantwortlich weiterentwickelt werden. Abstract kann Buch nicht zureichend exakt wiederzugeben.
Publikum: In Naturwissenschaften Texte zwar im Internet, aber dennoch weiter peer-to-peer-Entscheidung zur Publikation.
Publikum: Man kann zwar veröffentlichen, aber man wird nicht publiziert. Die peer-to-peer-Entscheidung kostet Geld.
Publikum: Unterschiedl. Nutzung des Netzes; nur Publikation oder als Netzwerk. Erst als Netzwerk wird das  Netz zur Ideologie/Religion mit missionarischem Charakter.
Groebner: Schon 20 Jahre Netz, schon 20 J. Heilsversprechen, immer noch unerfüllt, trotz bester technischer Möglichkeiten.
Publikum: Rolle der Rezensionen. Als Zeitschriftenpublizist stelle ich Rezensionen unverkürzt ins Netz.
Im Netz lesen über 2 Mill. Nutzer in einem Netzwerk, das ihnen <ähnlich wie amazon> Informationen gibt, was zu dem gerade bearbeiteten Thema an anderen wichtigen Arbeiten gibt.
Publikum: Netzwerkfunktion des Internet hat Vorzug leichterer Interessenverfolgung. Für Nachwuchswissenschaftler Selbstdarstellung, für Tagungsorganisatoren Herausfinden, wer an welchem Thema arbeitet (+ Eindruck, wie qualifiziert er das tut).

Diskussion in der Blogosphäre:
Jan Hodel: Die Groebner-Kontroverse. Oder: Zu Sinn und Unsinn von Wissenschaftsblogs
(Dort ist die weitere Diskussion verlinkt.)

Dies ist kein Schnipsel mehr und wird demnächst auf den Blog Fontanefan verlagert. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen