Montag, 19. Mai 2014

Ein Lehrstück in Sachen Selbstwirksamkeit

Wie oft fühlen wir uns Computern, Behörden, Angebotsmonopolen oder schließlich - wie bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen - einem wirtschaftlich-politischen Komplex hilflos ausgeliefert.
Heute erhielt ich eine Lektion, wie man in scheinbar hilfloser Lage, Selbstwirksamkeit erlangen kann.

Vor dem Supermarkt spricht mich eine junge Frau vom nahe liegenden Behindertenwohnheim an und fragt, was ein Päckchen koste? Ob es 1 Euro sei.
Ich erinnere mich, dass seit 3,90 € wieder eine Portoerhöhung stattgefunden hat, und vermute 4,20 €.
Im Laden spricht sie mich an, ob ich ihr 20 Cent geben könne. Die gebe ich ihr.
In der Schlange vor der Kasse zeigt sie mir zwei Laugenbrezeln und 70 Cent und fragt mich, ob die für Brezeln reichen.
Ich zucke die Achseln und glaube mich noch völlig selbstbestimmt.

Dann geht sie an mir und weiteren Schlange Stehenden vorbei, wird vom Filialleiter, der an der Kasse sitzt, zurückgeschickt und von ihrer Hausgenossin kritisch ermahnt im Sinne von "Das macht man doch nicht!"
Vor mir bleibt sie in der Schlange stehen.
Ich überlege schon, wie es weitergeht. Wenn das Geld nicht ganz reicht, werde ich ihr wohl den Rest bezahlen. Wird sie mir wohl mein Geld zurückgeben, wenn sie es nicht braucht?
Als sie zu bezahlen hat, bleiben ihr 12 Cent übrig.
Sie bietet sie ihrer Hausgenossin an, die weist sie zurück, und der Filialleiter kommentiert: "Wenn sie mal Geld hat, dann verschenkt sie es." Da drückt sie mir das Geld in die Hand. Ich nehme es und habe die 2 Cent, die ich brauche, um nicht mehr Kleingeld zurückzubekommen als erwünscht.

Den Sachverhalt, dem Filialleiter und den in der Schlange Stehenden zu erklären verbietet sich.
Bleibt mir, dass ich das Geld -aus meiner Sicht - nicht zurückweisen konnte und sie mir klar gemacht hat, dass der Kinderspruch "Was geschenkt ist, bleibt geschenkt, wird nicht mehr ins Haus gehängt" auch unter Erwachsenen noch gilt und dass sie mir großmütig etwas geschenkt hat.

So kann man sich aus einer Situation der Hilflosigkeit ("Reicht mein Geld? Was wird es kosten? Was ist der Gesamtpreis, wenn ein Stück 29 Cent kostet?") in die des souverän Schenkenden manövrieren. Das nenne ich Selbstwirksamkeit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen